sie können den Wesen eine Möglichkeit zur Verfügung stellen, aus Samara herauszukommen.
Man könnte sich zu Recht fragen, warum man dem buddhistischen Pfad folgen sollte: „Warum versuche ich, ein Bodhisattva zu werden? Ich möchte das Leiden aller Lebewesen entfernen, aber wie ist das möglich?“ Die Lebewesen sind sehr widerspenstig, sie scheinen auf die Lehre des Buddha (Dharma) nicht sehr gut anzusprechen. Viele Buddhas und Große Bodhisattvas kamen und gingen, doch Samsara gibt es immer noch, ein Universum voller Lebewesen, die sich abmühen und kämpfen und leiden, die über dies oder jenes erfreut sind, die geboren werden, krank werden und sterben. Man könnte sagen, die Buddhas und Bodhisattvas haben nicht wirklich etwas verändert, sie haben Samsara nicht zu etwas ganz Anderem gemacht. Der springende Punkt ist, dass es keinen äußeren Ort namens Samsara gibt; vielmehr ist es unser verzerrter Geist, der Samsara der Natur der Dinge aufzwingt.
Weil es verwirrte Wesen gibt, die kämpfen, sich abmühen, hassen, begehren, voller Stolz sind etc., deshalb gibt es Samsara. Und weil es Samsara gibt, deshalb gibt es auch Leiden, Elend, Unglücklich-Sein usw. Samsara setzt sich selbst fort. Weil du ähnliches Karma wie andere Wesen hast, verknüpfst du dich mit der gleichen Welt wie diese: deshalb bist du hier in Samsara, zusammen mit anderen Wesen. Viele Leute scheinen zufrieden damit, in Samsara zu leben; sie wollen es nicht wirklich aufgeben. Sie erinnern sich nur an die guten Erfahrungen und wenn sie etwas Schlechtes erleben, versuchen sie vielleicht, es zu ignorieren oder geben vor, es sei niemals geschehen. Das Einzige, was Buddhas und Bodhisattvas für die Lebewesen tun können ist, ihnen eine Möglichkeit zu bieten, Samsara zu entfliehen. Diese Gelegenheit wird in den Reinen Ländern gefunden, die allgemein gesagt, zum Teil samsarisch und zum Teil erwacht sind. In welchem Verhältnis die beiden Aspekte stehen, hängt von den Gelübden der Buddhas und Bodhisattvas ab, von ihren Verbindungen zu bestimmten Wesen und vom Grad der Verwirrung dieser Wesen. Verschiedene Welten werden geschaffen, als Antwort auf die entsprechenden Wünsche und Bedürfnisse der Wesen. Doch sehr wenige Wesen erreichen tatsächlich die Reinen Länder.
Es gibt ein altes märchenhaftes Gedicht, das die für menschliche Wesen möglichen Wege beschreibt. Demnach gibt es eine sehr breite, ebene Straße, auf der man leicht reisen kann, und diese große Straße führt in die Hölle („die aber manche den Weg in den Himmel nennen“); dies ist die Straße, die von Wesen nur so wimmelt. Im buddhistischen Kontext ist diese Straße wie Samsara. Dann gibt es eine enge, dornenvolle und schwierige Straße, die die Straße zum Himmel ist („nach der sich jedoch nur wenige erkundigen“). Die Straße, die zu positiven Zuständen führt, ist also schwer zu befahren. Auf der Straße zu negativen Zuständen lässt sich leicht reisen; sie kann sogar sehr angenehm erscheinen und passt oft zu den Sehnsüchten und Wünschen der Wesen. Daher befinden sich die meisten Wesen auf einem Weg nach unten, auf dem sie sich fröhlich fortbewegen. Im Gedicht gibt es eine dritte Straße, die Straße zum Feenreich, die sich hin- und her schlängelt, durch mit Farn bewachsene und wilde Orte. Es ist nicht leicht, ihr zu folgen, nicht so sehr, weil sie durch unwegsames Gelände führen würde, sondern weil sie ein Weg ist, den man nur schwer erkennen kann. Und der Weg zum Erwachen ist gewiss von dieser Art.
Obwohl die Buddhas und großen Bodhisattvas jeden Grund hätten, zu verzweifeln, ist doch eine ihrer großartigen Eigenschaften, dass sie dies niemals tun. In den Tantras werden die Qualitäten von Bewusstheit, Weisheit, Mitgefühl, Liebe und Freude usw. alle als lebendige Dinge aufgefasst; sie sind tatsächlich Gottheiten, die Buddhas und Bodhisattvas selbst. Für uns sind sie womöglich bloße abstrakte Prinzipien oder Geisteszustände, mit denen man sich verbinden kann. Der Grund dafür ist unsere eigene Leblosigkeit. Wir haben dieses Universum zu einem dunklen, toten Ort verwandelt, wie es niemals gedacht war. Die Tatsache, dass es überhaupt irgendetwas Gutes in dieser Welt gibt, ist einzig der Gegenwart der Buddhas und Bodhisattvas zu verdanken.
Samsara ist also kein Ort, den man verbessern könnte; du kannst nichts tun, um Samsara aufzupolieren oder zu veredeln. Doch es gibt etwas, das man „jahreszeitliche Trends“ nennen könnte, z.B. einen verstärkten Grad des Unglücklich-Seins während des samsarischen Winters und einen höheren Grad des Glücklich-Seins im samsarischen Sommer. Über Tausende von Jahren hinweg gibt es womöglich einige Hundert Jahre von „der Frühling bewegt sich zum Sommer hin“, wo man sagen würde: „Die Dinge verändern sich tatsächlich positiv, Samsara wird ein besserer Ort.“ Zu anderen Zeiten scheinen die Bedingungen für die Wesen schlecht zu laufen. Und innerhalb dieses allgemeinen Musters sind Wesen an manchen Orten besser oder schlechter dran als andere. Die Shambhala Literatur beschreibt die Gegenwart als ein Zeitalter, in dem der Dharma endet, eine Zeit, in der die Dinge immer schlimmer werden. Allerdings könnte es innerhalb dieses Abwärtstrends eine Zeitspanne geben, vielleicht einige Hundert Jahre, in der die Dinge besser zu werden scheinen. Doch dieser Aufschwung liegt immer noch im Kontext der Dinge, die insgesamt bergab gehen. Schließlich werden die Dinge einen Tiefpunkt erreichen und dann beginnen aufzusteigen, nur um nach sehr langer Zeit wieder abzufallen. Dies ist das Gesamtmuster von Samsara und daran kann man nichts ändern.
Was getan werden kann, ist, den Wesen eine Möglichkeit zu geben, sich aus Samsara herauszubewegen, und, wie vorher erwähnt, ist dies die Rolle der Buddhas und Großen Bodhisattvas, die den Wesen wirksame Brücken von Samsara in das Erwachtsein hinein zur Verfügung stellen. Als ich vor einiger Zeit eine Vortragsreihe in Eton hielt, wurde mir bei jedem Besuch die gleiche Frage gestellt: „Was sagt der Buddhismus darüber, wie man die Welt zu einem besseren Ort machen kann?“ Und die Antwort, die ich immer gab, war: „Nun, man kann die Welt nicht wirklich zu einem besseren Ort machen.“ Es mag an bestimmten Orten Menschen geben, die Liebe, Mitgefühl, Freude, Weisheit etc. entwickeln. Dann ist das Universum an dieser Stelle offensichtlich ein besserer Aufenthaltsort; diese Menschen haben einen gewissen Einfluss, der schwach oder stark sein könnte. Aber kann man langfristig große Hoffnungen für Samsara hegen? Die Antwort auf diese Frage ist nein, einfach weil dies Samsara ist und Samsara seinem Wesen nach unverbesserlich ist, da es mit Verwirrung, Nicht-Verstehen und den Kleshas verknüpft ist. Es gibt jedoch in diesem nicht zu verbessernden Ort Wesen, die „über die Regenbogenbrücke gehen“ können (um ein Bild aus einer anderen Mythologie heranzuziehen), in die Reinen Länder, zum Erwachen. Das ist die Hoffnung, aber es ist keine Hoffnung, die Samsara betrifft; es ist eine Hoffnung, die ihr Reifen im Bereich der Buddhas und Bodhisattvas hat, die über die Macht verfügen, innerhalb von Samsara zum Wohle der Wesen zu wirken. Es mag wahr sein zu sagen, dass für die Erwachten die Reinen Länder nicht wirklich verschieden von Samsara sind, aber für uns scheinen sie sehr wohl verschieden, auf jeden Fall am Anfang. Vielleicht erkennen wir am Ende, dass es tatsächlich der gleiche Ort ist, aber diese Realisierung wäre verbunden mit einer vollständigen Transformation von Geist, Herz und Verständnis.
Folgendes ist zu beachten: Ein Annehmen dieser Sicht von Samsara geht damit einher, dass es keine Schuldhaftigkeit gibt, bei der man mit dem Finger der Anklage auf Wesen zeigen könnte; der Gebrauch des Begriffs Vergehen oder Schuld wäre hier völlig unangebracht. In einem Ati-Text heißt es: „Die Lebewesen sind in Samsara, obwohl sie niemals etwas falsch gemacht haben. Samantabhadra ist im Bereich der erwachten Klarheit, obwohl er niemals etwas richtig gemacht hat.“ In anderen Worten waren die Lebewesen niemals böse und Samantabhadra war niemals gut. Doch das bedeutet nicht, dass man einfach sagen könnte: „Es ist unfair! Wir haben nichts falsch gemacht und Samantabhadra hat nichts richtig gemacht, aber wir sind in diesem Schlamassel und er nicht.“ Du kannst so viel jammern, wie du willst, aber du wirst immer noch in Samsara sein. Der springende Punkt ist, dass wir als Lebewesen durch einen Prozess zum Erwachen gehen müssen, durch einen Prozess des Übens. Das ist einfach so.